Vorstellung F&E

Vorstellung der hauseigenen F&E-Abteilung

Bindeglied zwischen Forschung und Tagesgeschäft

Dass sich ein mittelständischer Elektromotorenhersteller wie BEN Buchele eine eigene F&E-Abteilung leistet, ist nicht selbstverständlich. Wie unsere Kunden davon profitieren, welche Aufgaben die Abteilung hat und wie die Verschränkungen mit dem Tagesgeschäft aussehen, zeigen wir in diesem Beitrag auf.

Wenn man Forschungs- und Entwicklungsleiter Dr. Michael Reinlein fragt, warum BEN Buchele eine eigene F&E-Abteilung benötigt, richtet sich sein Blick auf das große Ganze: „Ein mittelständisches Unternehmen im Elektromaschinenbau mit einer eigenen Fertigung in Deutschland kann seine Wettbewerbsfähigkeit langfristig nur mit innovativen Antriebsideen und Fertigungsverfahren sicherstellen. Da Bild 2, BU: Forschungs- und Entwicklungsleiter Dr. Michael Reinlein

wir auf den Manufakturcharakter mit hoher Qualität und individualisierten Konzepten setzen, zahlt sich die Entwicklungstätigkeit der Forschungsabteilung sowohl langfristig als auch unmittelbar für Kunden und uns als Firma aus. Da die Kollegen aus Konstruktion und technischer Motorenberechnung in der Regel mit dem Tagesgeschäft mehr als ausgelastet sind, können wir aus der F&E bei technischen Fragestellungen unterstützen und gemeinsam Lösungen für unsere Kunden erarbeiten.“

Aufgaben der F&E

Andrea von Lattre-Hertel und Michael Reinlein

Kooperative Lösungsfindung wird hier großgeschrieben: Andrea von Lattre-Hertel und Michael Reinlein.

Die Abteilung besteht aus vier Personen, zwei Elektrotechnikern (Dr. Michael Reinlein und Bastian Kohlmann) sowie einer Maschinenbauerin (Andrea von Lattre-Hertel) und einem Maschinenbauer (Jaydip Gadhiya). Wichtig sind Michael Reinlein flache Hierarchien und eine wohlwollende Arbeitsatmosphäre: „Nicht die Abzeichen auf der Schulter zählen hier, sondern jeder trägt mit Ideen und auch Kritik dazu bei, die technisch sinnvollste Lösung zu finden.“ Zu den Aufgaben der F&E-Abteilung zählen folgende Bereiche: die Beobachtung von Markt- und Technologietrends, die Entwicklung neuer Antriebe und Technologien, die Erforschung und Umsetzung neuer Fertigungsmethoden, außerdem die Kooperation mit Produktion, Einkauf, technischer Motorenberechnung und Vertrieb zur Markteinführung neuer Produkte und die Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten und Universitäten.

Maschinenbauingenieur Jaydip Gadhiya

Maschinenbauingenieur Jaydip Gadhiya

Darüber hinaus fungiert die F&E häufig als Bindeglied zwischen Tagesgeschäft und Entwicklungsgeschehen. Zeitlich ist es oft nicht möglich, grundsätzliche Fragestellungen in Konstruktion und Auslegung zu klären. Diese können an die F&E ausgelagert werden. In eine große Themenliste werden sämtliche Vorschläge der Kollegen – und natürlich auch Anregungen und Wünsche unserer Kunden – aufgenommen, geprüft, priorisiert, teils Vorstudien durchgeführt und schließlich abgearbeitet. Je nach Projekt kann dies innerhalb von Tagen, Wochen oder Monaten geschehen.

„Untypische Schwingungen“

Ein schnell zu lösendes „Problem“ wurde von Kollegen aus dem Prüffeld an die F&E-Abteilung herangetragen: Bei einem Prüfversuch traten ungewöhnlich hohe mechanische Schwingwerte auf, denen im Alltagsgeschehen nicht auf den Grund gegangen werden konnte. Unsere F&E unterstützte, indem sie die Grundlagen und den Versuchsaufbau prüfte, um das Problem einzuordnen und eine Lösung erarbeiten zu können. Aufgrund des sehr schnellen Anstiegs der Schwingungsintensität bei Erhöhen der Drehzahl erkannte Michael Reinlein das Auftreten einer Resonanzfrequenz – und zwar nicht beim zu prüfenden Elektromotor selbst, sondern beim sogenannten Prüfbett, also dem Prüfaufbau an sich. Der Abteilungsleiter war sich sicher, dass, so schnell wie die Resonanzfrequenz ansteigt, sie auch wieder abfallen würde, wenn die Drehzahl weiter erhöht wird. „Die Kollegen waren jedoch nicht gleich überzeugt“, schmunzelt Reinlein. „Ich musste den nächsten Prüfversuch alleine im Versuchsprüffeld fahren, bevor der Rotor ihnen um die Ohren fliegen könnte.“ Doch die theoretischen Grundlagen hielten, was sie versprachen; die Ursache im Prüfaufbau konnte so beseitigt werden. Im Notfall hätte zudem die automatische Schwingwertüberwachung die Anlage abgeschaltet.

Entwicklung ist nicht gleich Forschung

Unterschieden werden muss bei den Aufgaben der F&E zwischen den Begrifflichkeiten „Forschung“ und „Entwicklung“. Ein Großteil sind Entwicklungsaufgaben, um Innovationen für unsere Kunden voranzutreiben. Bei Forschungsaufgaben geht es dagegen um Grundlagenerarbeitung. Beispielhaft kann hier das mehrjährige Forschungsprojekt „Prodrimo“ mit der Universität Erlangen genannt werden. Gemeinsam erarbeiten wir ein neues Fertigungsverfahren, um Wicklungen automatisiert in den Stator einzulegen. Jaydip Gadhiya erläutert: „Für große Stückzahlen existieren bereits Wicklungsmaschinen; wir möchten jedoch eine Anlage für kleine und mittlere Stückzahlen mit einem größeren Variantenreichtum entwickeln. Das Ziel ist, mit möglichst wenig Rüstzeit und -kosten, verschiedene Motorvarianten automatisiert wickeln zu können.“

Handlungsempfehlung für Lagerströme

In einem aktuellen Projekt unterstützte die F&E die technischen Kollegen bei der Bewertung und Vermeidung von Lagerströmen. Auch hier galt: Da das Thema recht komplex war und von verschiedensten Faktoren abhing, war eine Betrachtung im Tagesgeschäft kaum möglich. Die F&E erarbeitete sich hier Detailwissen, wann welche Art von Lagerströmen auftritt und welche Gegenmaßnahmen je nach Ursache und Gesamtaufbau des Systems möglich sind. Die Abteilung verfasste eine Handlungsempfehlung und führte eine Schulung für die Kollegen durch. Zu möglichen Lösungen je nach Kundenanwendung gehören isolierte Wellen, Ableitsysteme, isolierte Hybridkugellager aus Keramik, Lager mit isolierten Innen- und Außenringen und einige mehr.

astian Kohlmann bereitet den Lagerströme-Workshop für die Kollegen vor.

Bastian Kohlmann bereitet den Lagerströme-Workshop für die Kollegen vor.

Langzeitforschungsprojekt als Investition in die Zukunft

Ein wirkliches Grundlagenforschungsprojekt, an dem die F&E-Abteilung intensiv arbeitet, ist der Aufbau eines eigenen Maschinenberechnungsprogramms; Michael Reinlein erläutert die Beweggründe: „Ein solches Projekt, ein Maschinenberechnungsprogramm von Grund auf neu aufzusetzen, ist absolut untypisch für eine Firma unserer Größe. Aber wir sehen es als Investition in die Zukunft. Das bestehende Programm, das Wissen aus Jahrzehnten vereint, hat absolut seine Berechtigung und wird auch weiterhin genutzt werden. Jedoch stoßen diese Grundlagen bei neueren Anwendungen, wie z. B. Umrichterbetrieb, an ihre Grenzen. Dafür entwickeln wir ein numerisches System, das auf einer FEM beruht (Finite-Elemente-Methode) und auch die Berechnungsschärfe noch einmal deutlich verbessert.“