Interview Hans-Peter Schwegler

Im Gespräch: Hans-Peter Schwegler über Effizienz und Nachhaltigkeit

In der elektrischen Antriebstechnik gibt es keinen Stillstand; die Fortschritte vor allem in Sachen Energieeffizienz und Wirkungsgrad bei gleichzeitig hoher Performance und kompakter Bauweise schreiten kontinuierlich voran. Über die Entwicklung unseres Unternehmens vor diesem Hintergrund und die künftige Ausrichtung hat unsere hauseigene Blog-Redaktion mit unserem Geschäftsführer Hans-Peter Schwegler gesprochen.

Die Firma BEN Buchele ist bekannt für ihren Manufaktur-Gedanken und damit die Einzelstückfertigung von Sondermotoren, z. B. im Schiffsbereich, aber auch in industriellen Anwendungen. Wie ordnen Sie das BEN-Angebot im Markt für elektrische Antriebstechnik ein?

Bei elektrischen Standardmotoren aus dem Katalog könnten wir im Marktvergleich nicht mithalten. Unser Fokus ist deshalb ein anderer: Sondermotoren mit einer individuellen Auslegung auf den Anwendungsfall, die zahlreiche spezifische Parameter berücksichtigen muss. Viel Erfahrung haben wir im Schiffbau und Offshore-Bereich, in der Bahntechnik und Luft- und Klimatechnik, sowie mittlerweile verstärkt in verschiedenen Industriezweigen, wie der Lebensmittelindustrie oder dem Anlagenbau. Bevor Missverständnisse aufkommen: Kleinere und mittlere Serien von Sondermotoren gehören genauso zu unserem Portfolio wie Einzelstücke.

BEN Buchele erschließt also gezielt weitere Branchen? Wie würden Sie die Entwicklung beschreiben?

Während die Geschäftsentwicklung in früheren Jahren teils auf glückliche Zufälle angewiesen war, ist die Unternehmensausrichtung immer strategischer geworden. Während der Schwerpunkt Schiffbau in den 1960er/1970er Jahren einem norddeutschen Außendienstmitarbeiter geschuldet war, gehen wir mittlerweile andere industrielle Branchen, wie die Lebensmittelindustrie oder die Chemie- und Pharmabranche gezielt an, weil wir hier mit unseren Spezialmotoren einen Mehrwert bieten können. Man muss dazu sagen: Nach der Finanzkrise 2009 und mit Aufkommen einer starken asiatischen Konkurrenz im Schiffbaumarkt sank bei uns die Nachfrage nach Motor- und Ankerwinden, sodass wir uns auch anderen Industriezweigen zuwandten.

Mit unserer F&E-Abteilung, die vor einigen Jahren etabliert wurde, arbeiten wir aktiv an der Entwicklung innovativer Motorkonzepte. Aktuellstes Beispiel ist die Beteiligung an einem Forschungskonsortium, in dem wir eine Synchronreluktanzmaschine zum Einsatz in Automobilprüfständen entwickeln (siehe Blogbeitrag „Synchronreluktanzmotor für Forschungsprojekt). Darüber hinaus hat unsere F&E-Abteilung ein Grundlagenpapier* erstellt, in dem die wichtigsten Anforderungen bei der elektromagnetischen und konstruktiven Motorauslegung erfasst sind.

Worin sehen Sie aktuelle Herausforderungen bei der Motorentwicklung?

Worauf es im Schiffbau weniger ankommt, dafür aber umso mehr in der Industrie, ist die Einhaltung von Energieeffizienzklassen, deren Anforderungen weiter steigen. Künftige Motoren werden noch effizienter als heute sein müssen, um den Strombedarf aus Umweltgründen weiter zu reduzieren. Wir haben von Beginn der gesetzlichen Vorgaben ab 2012 an der Wirkungsgradoptimierung unserer Motoren gefeilt und erreichen bei unseren Drehstrommotoren die aktuell geltenden Energieeffizienzklassen IE3 und IE4 dank diverser mechanischer und elektrischer Anpassungen. Insgesamt werden Asynchronmotoren künftig aber eine immer geringere Rolle spielen, da sie rein physikalisch nicht mithalten können. Synchronmaschinen werden sich höchstwahrscheinlich durchsetzen, insofern können wir hier durch unser Forschungsprojekt noch mehr Know-how aufbauen.

Nachhaltigkeit wird mittlerweile auch im Antriebssektor großgeschrieben. Sehen Sie weitere Faktoren, um nachhaltiger zu produzieren?

In Zeiten, in denen spätestens alle zwei Jahre ein neues Smartphone oder Notebook erworben wird, sind unsere Elektromotoren aufgrund ihrer Langlebigkeit bereits sehr nachhaltige Produkte. Teilweise fragen Kunden nach 40 Jahren Laufzeit nach einem Ersatzteil oder einer Bedienungsanleitung, um ihren alten BEN-Motor am Laufen zu halten. Nicht zuletzt ist dies auch eine Form der Nachhaltigkeit, wenn nicht ständig Motoren ersetzt werden müssen. Aber eigentlich halten unsere Motoren für uns wirtschaftlich gesehen viel zu lange …

Kostendruck ist mit Sicherheit auch für BEN ein Thema. Wie begegnen Sie diesen wirtschaftlich anspruchsvollen Zeiten und machen BEN fit für die Zukunft?

Zum einen erzielen wir bei unserer Branchenerweiterung gute Fortschritte. Wir sehen, dass in Chemie, Pharma, Lebensmittelindustrie, Recycling und anderen Industriebereichen Spezialmotoren gefragter sind denn je. Zum anderen planen wir, die Automatisierung der Motorenherstellung auch bei BEN deutlich zu forcieren. In vielen Bereichen, wie z. B. der Wicklung, ist der Begriff Manufaktur wirklich Programm. Wir prüfen also sehr genau, welche Prozesse sich gut automatisieren lassen und wo das Handwerk nach wie vor gefragt ist, um kostensenkende automatisierte Prozesse mit unserem Manufaktur-Anspruch zu vereinen.

*Bei Interesse an unserem Whitepaper „Auslegungssache: Worauf es bei der Auslegung von Elektromotoren ankommt – Anwenderleitfaden zu Einflussgrößen, Bestellangaben und Auslegungspraxis“ nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf: vasb@oraohpuryr.qr .